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Der „Hexenhammer“ (Malleus maleficiarum), von den zwei deutschen Dominikanern Heinrich Institoris und Jakob Sprenger verfaßt und 1487 in Straßburg veröffentlicht, galt im römisch-katholischen Europa als Grundlage der Hexenprozesse. In diesem „Machwerk“, wie es 1784 der aufgeklärte Pastor Johann Moritz Schwager betitelt, wurde ein gültiges System von Hexereivorwürfen und Prozeßordnungen entwickelt. So heißt es dort u.a.: „Also schlecht ist das Weib von Natur, da es schneller am Glauben zweifelt, was die Grundlage für die Hexerei, ist“. Als weiterer Grund, warum die Frauen nach Meinung der Inquisitoren leichter der Hexerei verfallen, wird angeführt: „Weil das Weib fleischlicher gesinnt ist als der Mann, und weil es nur ein unvollkommenes Tier ist...“

 

Wer in die Mühlen der Inquisition geriet, konnte ihr nicht mehr entrinnen. Unter Anwendung der Folter erpreßte man Geständnisse und erhielt auf diese Weise die Namen neuer Opfer. Nur wenigen der als Hexen angeklagten Frauen gelang es, sich von der Tortur zu befreien. Meist geschah dergleichen nur auf Grund von List der betreffenden Frauen. So wurde in Maienfeld eine Frau unter der Folter nach ihren Mithexen befragt, worauf sie dem vernehmenden Landvogt Heinrich von Schauenstein ins Ohr flüsterte: „Die gestrenge Frau Landvögtin ist die Ärgste unter uns.“ Diese Worte bewirkten ihre Freilassung unter dem Siegel der Verschwiegenheit.

 

Mit der Reformation wurde der Hexenverfolgung keineswegs Einhalt geboten, im Gegenteil. Der Hexenwahn erreichte in nachreformatorischer Zeit seinen Höhepunkt. In Disentis, dem Bündner Oberland, brannten die Scheiterhaufen unausgesetzt, und es drohte fast die Ausrottung der weiblichen Bevölkerung. Dort trat der humane, aufgeklärte Fürstabt Adalbert II. von Medel a Castelberg, der in den Jahren 1655 bis 1696 regierte, entschieden diesem Wahnsinn entgegen. Er wurde daraufhin beim päpstlichen Nuntius als Schwarzkünstler verklagt, und nur dem Einfluß des Benedektinerordens war es zu verdanken, das man nicht Hand an ihn legte.

Ursina Hartmann

 

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Das Stück Hexenjagd basiert auf tatsächlichen Ereignissen; die Figuren der historischen Hexenverfolgung hat Miller namentlich übernommen. Miller schrieb das Stück als Kommentar auf die Kommunistenjagd in der McCarthy-Ära und konnte eine Verfilmung realisieren, die mit Unterstützung Jean-Paul Sartres (als Drehbuchautor) und der DDR-Produktionsfirma DEFA entstand und mit damals der Kommunistischen Partei Frankreichs nahestehenden Stars besetzt wurde: Mylène Demongeot (Abigail), Yves Montand (John) und Simone Signoret (Elizabeth).

 

Die Bewohner von Salem im Jahre 1692 sind Nachfahren der Pilgrim Fathers, englische Puritaner, die im Jahre 1620 an Bord der Mayflower nach Amerika emigrierten. Nach puritanischem Glauben war das Leben kein Vergnügen, sondern harte Arbeit. Jegliche Vergnügungen wie Feiern, Tanzen oder selbst Bücherlesen waren verboten. Die Bibel bestimmte das Handeln der Menschen. Der Glaube half ihnen, das schwere Leben in einem unbekannten, bedrohlichen Land durchzustehen, aber sie waren auch fanatisch darauf bedacht, ihr „Neues Jerusalem“, das sie aufbauen wollten, nicht durch „falsche“ Wege und trügerische Gedanken zu entehren und zu verderben. „Die Salemer“, so Miller, „errichteten für hohe Ziele eine Theokratie, eine Kombination von staatlicher und religiöser Macht, deren Funktion es war, die Gemeinschaft zusammenzuhalten und jegliche Uneinigkeit zu verhindern.“

 

Die Mädchen, die heimlich, teilweise nackt, im Wald tanzten, wußten, daß ihr verbotenes Tun extreme Strafen nach sich ziehen konnte (z.B. Auspeitschen). So täuschten sie Anfälle vor, um der Bestrafung zu entgehen, und, als das Gerücht von Hexerei aufkam, waren sie fast logischerweise froh, die Schuld auf andere abwälzen zu können. Die Dorfbewohner, beständig in Angst vor einer möglichen Bedrohung ihrer religiösen Gemeinschaft durch dunkle Mächte, waren wiederum froh, eine Erklärung für die mysteriösen „Krankheiten“ der Kinder gefunden zu haben.

 

Hundertfünfzig bis dreihundert Personen wurden nach die Aussagen der Mädchen verhaftet, dreißig davon zum Tode verurteilt. neunzehn wurden gehängt, einer zu Tode gefoltert, vier starben im Gefängnis. Etliche legten ein falsches Geständnis ab, um ihr Leben zu retten. Die anderen wurden später begnadigt, nachdem der Gouverneur aufgrund zunehmender Kritik an der Beweisführung ein neues Gericht einberufen hatte. Einige der Mädchen leisteten öffentlich Abbitte, ebenso Pastor Hale. Elizabeth Proctor heiratete noch einmal; Abigail Williams tauchte angeblich später in Boston als Prostituierte auf. Erst 1711, als die Kinder der Opfer schon herangewachsen waren, wurde eine materielle Entschädigung von ca. £ 600 bewilligt, wovon John Proctors Familie mit £ 150 den höchsten Einzelanteil erhielt.

John Proctor

Als ich noch auf Montage war, in Saudi, sagte mal der Kurti zu mir: „Du, weißte was, heut’ is’ ’ne Enthauptung in Dschidda, geh’n wir da hin? Darfste aber nich’ knipsen und mußt dir so ’n Saudi-Nachthemd und ’ne Sonnenbrille überziehen, damit die nich’ gleich seh’n, daß du nich’ von hier bist.“

 

Ich kauf’ mir also so ’n Hemd im Souvenierladen, dachte mir, das nimmste mal mit, so ’ne Enthauptung, und wir fahren gegen Mittag hin, der Kurti und ich, zu dem Platz vor der großen Dingsbumsmoschee, wo schon Tausende von Saudis warten, als gäb’s ’n Fußballspiel.

 

Kurz vor zwölf schleifen vier Soldaten die arme Sau auf den Platz – soll irgendwen erstochen haben – und verbinden ihm die Augen, während so ’n Obertyp was vorliest, und der mit der Augenbinde, der zittert am ganzen Körper, wie ich noch nie einen habe zittern sehen, und ich... Ich zittere auch. Einfach so. Und dann taucht plötzlich ein Riesenkerl auf, ganz in Weiß, fast verschleiert, nur mit ’nem Sehschlitz, und in der Hand ein Schwert, lang wie ’n Besen. „Das ist ’n Sudanese“, flüstert mir der Kurti zu, „die machen immer ’n Scharfrichter hier.“ Und dieser Sudanese schreitet ganz ruhig auf die arme Sau zu, die sich jetzt hinknien muß. Dann treten die Soldaten beiseite, und auf dem Platz wird es still. Wie beim Stierkampf, wenn es ernst wird.

 

Dann war’s Punkt zwölf. Größte Hitze. Fünfzig Grad. Und die Saudis in ihren Nachthemden, wie ’ne weiße Wand, mit schwarzen Tupfern von den Sonnenbrillen. Der Sudanese nimmt sich Zeit, macht ’nen kleinen Probeschlag, wie der Becker beim Tennis, dann piekst er auf einmal dem Typen mit der Schwertspitze ins Kreuz, worauf die arme Sau sich vor Schreck aufbäumt. In diesem Moment holt der Sudanese aus, haut in ’nem Fünfundvierziggradwinkel zu und säbelt den Kopf sauber vom Hals. Das Blut kommt senkrecht, wie ’n Springbrunnen, und durch die Menge geht ein Seufzen. Ich hätt’ fast in mein Hemd gekotzt.

 

Ich hab’ dann das Hotel drei Wochen nicht verlassen, bis ich ’n Koller kriegte. ’n Tag später bin ich rüber nach Addis und hab’ mir ’ne Äthiopierin geholt. Das sind die schönsten Frauen der Welt. Aber da ging auch nichts.

Bearbeitung: Urs Odermatt

 

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Ich wünschte mir die Möglichkeit, ein aggressives Stück zu schreiben. Es sollte aus dem Morast des Subjektivismus jenen einen, ganz bestimmten, schleichenden Prozeß ans Licht bringen, durch den sich erweist, daß die Sünde des gesellschaftlichen Terros darin besteht, den Menschen seines Gewissens zu berauben und damit seiner Persönlichkeit.

Arthur Miller

Hexenjagd von Arthur Miller