Urs Odermatt Arnold Odermatt The Odermatt Channel The Odermatt Shop Nordwest Film AG, alte Spinnerei 1, 5210 Windisch, Schweiz, +41 56 442 95 90, mail@nordwestfilm.ch Der Krüppel von Inishmaan von Martin McDonagh Theater Stück Dramaturgie Inszenierung Presse Photos

Gerne wird in der Literatur geschwärmt von der archaischen Welt, in der Reinheit und Bedürfnislosigkeit Menschen voller Lebensfreude hervorbringt, die jederzeit herzerfrischend singen und tanzen. So mag man sich als Zivilisationsintellektueller den wahren Menschen, unverdorben von der großstädtischen Gesellschaft vorstellen. Das Paradies ist nicht so fern, und Rousseau läßt von den edlen Wilden grüßen. In Europa liegt dieser gepriesene Quell der Sehnsüchte und Projektionen in Irland, und innerhalb Irlands sind es speziell die Aran-Inseln im Westen. Diese winzigen, steinigen Eilande, auf denen wenige Menschen und diese in äußerster Armut leben, wurden durch zwei künstlerische Werke zu Ikonen dieses Mythos. John Millington Synge bereiste die Aran-Inseln zwischen 1898 und 1902 fünfmal, lernte Gälisch, sammelte Märchen und Geschichten von den alten Erzählern, den Seanchaì. Seine Berichte Die Aran-Inseln lösten das „Anglo-Irish Revival“ aus, neue Begeisterung für die Gälische Sprache als politischen Impuls und gipfelten in der Gründung des Abbey Theatre in Dublin. Die Zuneigung zu den keltischen Wurzeln und der typischen „Irishness“ brachten auch den kanadischen Naturforscher und Filmpionier Flaherty 1931–33 nach Aran, wo er für den Dokumentarfilm Man of Aran Szenen nachstellte, die das Leben auf den Aran-Inseln vor etwa hundert Jahren idealisiert rekonstruierten. Archaische Techniken wie Tranlampen, Seetang-Humus zum Kartoffelanbau, Haijagd und das Landen einer Curragh bei schwerer See schufen mythische Bilder. Daß ein Teil des Jahres schlichtweg gehungert wurde, die Menschen in einem Raum mit Kühen und Hühnern lebten, die meisten jungen Leute auswandern mußten, das tangierte die Romantisierung nicht. Die Sehnsucht nach Geborgenheit im geschlossenen Inselkosmos, die Faszination der phantastischen Mischung aus Katholizismus und wüstem Heidentum, in dessen Aberglauben Feen und Riesen herumwimmeln, ist stärker als das Wissen von Armut, dumpfer Enge, sexueller Not, Grausamkeit und Bosheit in einer eingegrenzten Welt. Martin McDonagh spielt mit dem Mythos und der Realität, reflektiert beide Eben stilisiert ineinander. Der Mythos Hollywood wird als Gegenbild eingesetzt, aber wenn man auch von Inishmaan fortkommen kann bis nach Amerika, so gibt es doch kein Entkommen aus der inneren Heimat. Billy kehrt zurück, um seinem Tod zu begegnen. Und alles Geschichtenerzählen kann den Tod nicht aufhalten, an keinem Ort. Billy, wie alle Figuren des Stücks, ist gebannt an den Platz seiner Suche nach Liebe und Erkenntnis. Der verkrüppelte Junge, seine schrulligen Tanten, der homerische Nachrichtenmann Johnnypateenmike, seine versoffene Mammy, die seit über sechzig Jahren um ihren Mann trauert, Slippy Helen, die prügelt und mit Eiern wirft, um sich ihrer Haut zu wehren, der naschhafte Bartley, der resignierte Doctor und der melancholische Bobby – alle sehnen sich nach Zärtlichkeit, aber sie wehren jeden Versuch ab, ihnen welche zu geben. Aus Verletzlichkeit und Angst zurückgewiesen zu werden, weisen sie zurück und verletzen den anderen. Die Tragikomödie der menschlichen Existenz spielt ihr Spiel auf einer weltabgeschiedenen gottverlassenen Insel, doch der Reflex strahlt zurück in wundersamerweise auf die Bedingungen menschlichen Zusammenlebens in jedem nur denkbaren Realtitätsausschnitt, weist weit über die dramatische Experimentiersituation „Inishmaan“ hinaus. Die ganze Welt wird Inishmaan, und alle Männer und Frauen sind bloße Spieler in dieser ewigen Geschichte einer Suche.

Georgia Eilert

Irische Gefühle, Programmheft „Der Krüppel von Inishmaan“

Oldenburgisches Staatstheater, Oldenburg 1998

Kate

A fool waste of time that is, looking at cows.

 

Eileen

If  it  makes  him  happy,  sure,  what  harm?  There  are  a  hundred  worse things  to  occupy  a lad’s  time  than  cow-watching.  Things  would  land  him  up  to  hell. Not just late for his tea.

 

Kate

Kissing lasses.

 

Eileen

Kissing lasses.

 

Pause.

 

Kate

Ah, no chance of that with poor Billy.

 

Eileen

Poor Billy’ll never be getting kissed. Unless it was a blind girl.

 

Kate

A blind girl or a backward girl.

 

Eileen

Or Jim Finnegan’s daughter.

 

Kate

She’d kiss anything.

 

Eileen

She’d kiss a bald donkey.

 

Kate

She’d kiss a bald donke. And she’d still  probably draw the line at Billy. Poor Billy.

 

Eileen

A shame too.

 

Kate

A shame too, because Billy does have a sweet  face if you ignore the rest of him.